Begegnungsreise Mosambik 2018

 

 

 

Der Höhepunkt unserer afrikanischen Schulpartnerschaft ist jedes Jahr die unvergessliche Begegnungsreise nach Mosambik. Schüler(innen) der 12. Klasse und 2-3 Lehrkräfte der Gesamtschule Hungen machen sich 2 Wochen vor den Sommerferien auf den abenteuerlichen Weg ins südliche Afrika. Sie haben während ihrer gesamten Schulzeit jedes Jahr an Sammelaktionen der Schule für Mosambik teilgenommen.

Nach einer ca.14 Stunden langen Anreise über Johannesburg nach Maputo, der Hauptstadt Mosambiks, treffen wir am 12. Juni 2018 die Mitarbeiterin des Erziehungsministeriums, Nelessia Cossa. Sie begleitet uns in die Innenstadt zum Hotel Hoyo Hoyo und bleibt auch für den Rest der Reise bei uns.

 

 Die ersten drei Schulbesuche finden in und um Ressano Garcia, der Grenzstadt zu Südafrika, statt, wo der 1937 geborene spanische Pater Vicente Berenguer Llopis seine letzten Schulbau-Projekte mit Geldern aus Europa (u.a. aus Hungen) verwirklichen konnte. Vicente ist der Initiator für die zahlreichen Schulpartnerschaften mit Mosambik.

2017 kehrte der 80-jährige Pater aus gesundheitlichen Gründen endgültig in seine Heimat Alicante in der Region Valencia in Spanien zurück.

Die Schüler(innen), begleitet vom neuen katholischen Pfarrer der Gemeinde Ressano, Padre Simião, bekommen in den Schulen einen Vorgeschmack der Herzlichkeit, mit der die Gruppe auf der gesamten Reise immer wieder empfangen wird.

 

Zurück in Maputo besuchen wir das Armenviertel Mafalala, aus dem viele Widerstandskämpfer, Künstler, Präsidenten und berühmte Sportler hervorgegangen sind. Es ist für uns Europäer kaum vorstellbar, dass Generationen von Menschen in diesen aus Wellblech erbauten Behausungen ihr ganzes Leben dort verbringen. Bereits hier fällt der Gruppe auf, dass die Kinder trotz der erbärmlichen Armut sehr viel Spaß am Leben haben und Fremden gegenüber sehr freundlich sind. Frauen am Wegesrand sind überglücklich, wenn man ihnen für die ganze Gruppe etwas von den wenigen Produkten, die sie anbieten, abkauft und ein paar Meticais mehr zahlt als verlangt. Nach einer dreistündigen Exkursion durch das Labyrinth der Gassen und Wege in diesem Stadtteil wird die Gruppe in vier kleinen Tuk Tuks zum Hotel zurückgefahren

Die nächsten Begegnungen warten in einer Entfernung von 1000 km bereits auf uns.

Unser neues Zuhause liegt dieses Mal erstmals in der Innenstadt Chimoios im Hotel Residencial Dhabad.

Mit Hilfe moderner Kommunikationsmittel findet die Gruppe schnell heraus, wo sich das nächstgelegene möglichst günstige und gut bewertete Restaurant befindet und wie man dort hinkommt.

Währenddessen statten die für das Projekt Hauptverantwortlichen, Agathe Venedey-Grenda und Dorothea Fobbe, der erneuerten Josina-Machel-Schule in Gondola einen Besuch ab. Diese Sekundarschule hat durch unsere Hilfe erstmals neue Fachräume für Informatik, Naturwissenschaften und eine Bibliothek sowie zusätzliche Klassenräume, Lehrerzimmer und Toiletten bekommen. Die Einweihung soll in ein paar Tagen am 22.06.18 stattfinden.

Es steckt noch viel Arbeit drin, da bereits jetzt viele der neu installierten minderwertigen Teile  aus chinesischer Produktion nicht mehr funktionieren bzw. demoliert sind und bis zur Einweihung ersetzt werden müssen.

Am nächsten Morgen treffen wir uns mit dem Kollegium unserer Partnerschule in Bengo in der Uli Seibert Schule, um von dort aus gemeinsam in den Gorongosa Nationalpark zu fahren. Unser Partnerschaftsverein hat vor vielen Jahren beschlossen, statt jährlich einen der vielen Kollegen nach Deutschland einzuladen, lieber das ganze Kollegium über das Wochenende an einen  für alle  interessanten Ort einzuladen. Auf dieser Fahrt kommen wir mit den Schulleitern und vielen Kollegen ins Gespräch und alle können sich näher kennen lernen. 

 

Die von den Chinesen gebaute Hauptstraße nach Inchope fährt sich inzwischen wunderbar, aber dann auf der N1 Richtung Norden zum Gorongosa Nationalpark geht es nur noch im Slalom mit der Durchschnittsgeschwindigkeit von 20 km um die bis zu 40cm tiefen Schlaglöcher weiter. Hier gibt es kein Rechts- oder Linksverkehr mehr. Jeder sieht zu, wie er am besten irgendwie vorwärts kommt.

Endlich am Park-Gate angelangt, gibt es einen weiteren längeren Aufenthalt.

Wir brauchen zur Anmeldung eine Liste aller 50 Personen mit ihren Personalien und Unterschriften. Und das dauert.

 

Auf dem Weg zum Chitengo Camp plagen uns die Tsetse-Fliegen, die während der langsamen Fahrt gerne in den Bus fliegen und sich auf die schweißgebadete Haut der vielen Fahrgäste niederlassen, um sich an deren Blut satt zu trinken. Dabei könnten sie die unheilbare Schlafkrankheit übertragen.

Es gibt zwei Möglichkeiten, dieses zu verhindern. Entweder alle Fenster werden geschlossen oder alle Fliegen werden schnellstmöglich getötet. Wegen der warmen stickigen Luft im Bus entscheiden sich alle für die blutrünstige Jagd. Dabei bekommt der eine oder andere Gast immer Mal wieder von hinten einen Schlag auf den Kopf oder die Arme.

15 Minuten nach dem Einchecken im Camp geht bereits der erste Drei-Stunden-Game-Drive für 30 Personen um 15:00 Uhr  los. Der Rest kommt am nächsten Morgen früh um 6:00 Uhr dran.

Während die Safari-Gruppe u.a. Warzenschweine, Impalas, Wasserböcke und sogar Löwen und eine afrikanische Zibet-Katze entdeckt, ruht sich die andere Gruppe am Swimmingpool oder bei der Fußball WM Übertragung aus.

Abends nehmen wir an der 25-Jahr-Feier des Gorongosa Nationalparks teil. Das gemeinsame Jubiläum-Büffet findet im Freien am offenen Feuer statt.

 

Während morgens die zweite Safari-Gruppe auch Löwen und sogar Elefanten zu sehen bekommen, finden beim Frühstück viele wichtige Gespräche zwischen den deutschen und mosambikanischen Teilnehmern statt.

Zur Verabschiedung unseres Schulleiters Manfred Lamotte und der Kollegin Karin Schröder-Pappe singt die ganze Gruppe ein Lied, das als gelungene Überraschung per WhatsApp an die Gesamtkonferenz in Hungen übertragen wird.

 

Fünf Tage bleiben uns noch, alle Schulen und Menschen zu besuchen, die uns am Herzen liegen. Das Protokoll verlangt es, dass wir uns vor den Schulbesuchen bei den offiziellen Regierungsstellen  vorstellen und über unser Vorhaben informieren.

Bei der Provinzregierung in Chimoio begrüßt uns Senhor Rupela, der für die Bildungsfragen der Provinz Manica zuständig ist. Er bedankt sich für unsere vorbildliche  Entwicklungsarbeit und freut sich jedes Jahr über den Besuch der Schüler(innen) und Lehrkräfte aus Hungen und über die neuen Schulbau Projekte, die noch in Planung sind.  Über  den Ablauf der bevorstehenden  Einweihungsfeier der Josina Machel Schule am Freitag in Gondola hat er sich bereits mit dem Gouverneur  unterhalten.

 

In Nhamacoa Rica, einem Ort ca. 20 Km südöstlich von Chimoio entfernt, besuchen  wir die Distriktregierung von Macate. Auch dort wird uns für unsere Arbeit gedankt.

Wir hatten 2011 in diesem Bezirk in Cruzamento Rica eine komplett neue Schule für 350 Schüler mit  5 Klassenräumen, einem Verwaltungsgebäude, Toiletten und zwei Lehrer-Wohnhäuser gebaut. 

Auf Wunsch  der Distrikt- und Provinzregierung wird  unser neues Projekt voraussichtlich eine Berufsschule in diesem Bezirk sein -  mit den Bereichen Bauwesen und Schreinerei, Computertechnik und Landwirtschaft. Geplant war auch ein kleines Fabrikgebäude, in dem  Produkte der Obstplantagen als Saft oder Marmeladen haltbar gemacht werden sollten.

 

Was zunächst als gute Idee aufgenommen wird, entpuppt sich beim Besuch einer bereits vorhandenen kleinen Fabrik als  nicht praktikabel. Das Problem: Es gibt dort niemanden, der die dort neu installierten Maschinen bedienen kann. Eine Entsaftungsanlage steht bereits seit 2012 still und wird rund um die Uhr von Menschen und Nagern "bewacht". Einen weiteren Wunsch der Distriktregierung müssen wir leider auch abschlagen. Den Bau eines zusätzlichen Internatsgebäudes für die Schüler der nahe gelegenen Sekundarschule können wir uns mit unserem Budget nicht leisten.

 

Es folgt der Besuch der Primarschule in Cruzamento Rica, wo wir auch herzlich mit Tanz und Gesang der Kinder und des Kollegiums und von dem Oberhaupt des Ortes begrüßt werden.

Während unsere Schüler sich mit den begeisterten Kindern beschäftigen und Fotos machen,  schauen sich die Lehrkräfte die in Eigeninitiative gebauten kleinen Lehrerhäuser an. Dort leben die Lehrer während der Woche. Die Wochenenden und Ferien  verbringen sie mit ihren Familien zuhause. Neben einem Fußball aus Deutschland bekommt der Schulleiter von uns etwas Geld für die Instandsetzung der Schäden, die es in der Schule immer wieder gibt.  Der Schulleiter erzählt uns, dass Personen, die dabei erwischt werden, einen Schaden am Gebäude zu verursachen, hart bestraft werden. Seitdem haben diese Vorfälle stark abgenommen.

 

Neben unseren Schulbau-Projekten und Schulpartnerschaften gibt es zwei weitere private Initiativen, die wir gerne unterstützen.

 

Vor ca. 18 Jahren hat Senhora Beatrice ein Findelkind neben den Bahngleisen in Chimoio gefunden und sich des Säuglings angenommen. Sie nannte sie Katharina. Sie nahm  sich vor, neben ihre eigenen Kinder weitere Waisenkinder aufzunehmen, wenn sie es schafft, Katharina ein Jahr lang durchzubringen. Gesagt, getan. Katharina entwickelte sich prächtig. Inzwischen hat sie eine Ausbildung begonnen. Außer ihr sind im Laufe der Zeit ca. 12 weitere Mädchen im Waisenhaus Casa Katharina aufgenommen worden.

Als wir dort ankommen, sind die Mädchen gerade dabei, selbstständig Hühnerfüße für das Abendessen vorzubereiten. Beatrice treffen wir leider nicht, da sie gerade unterwegs ist und erst in ein paar Tagen wieder kommt.

Anschließend besuchen wir den kleinen Fußball-Verein Futebol Club Trans Alec von Soalpo, den ein Mann für Waisenkinder gegründet hat. Die drei Jungen-  und Mädchen-Mannschaften sind inzwischen sehr erfolgreich und haben schon etliche Pokale gewonnen. Sie freuen sich sehr über die Trikotspende der Eintracht Frankfurt und Fußbälle, die wir ihnen aus Deutschland  mitgebracht haben, und zeigen uns stolz einige ihrer Trainingsübungen.

Ein weiteres Schulbau-Projekt aus dem Jahr 2012 liegt ca. 100 km entfernt - 40 km südlich von Inchope  in dem Ort Chibuto II

Diese Schule wurde für 780 Schüler gebaut.  Sie besteht aus 5 Klassenräumen, einem Verwaltungsgebäude, Toiletten, mehreren Lehrerhäusern und einem Fußballplatz.  Das Besondere an dieser Schule ist, dass von Anfang an viele Bäume und Sträucher auf dem Schulgelände angepflanzt wurden. Bewässert werden diese Pflanzen mit Hilfe des Wassers, das die schuleigene Zisterne während der Regenperioden auffängt. Die inzwischen großen Bäume spenden nicht nur viel Schatten, sondern ernähren mit ihren Früchten die Kinder und Bewohner der dort ansässigen Schulgemeinde.

Bei unserem Besuch werden wir zu einem üppigen Mittagessen eingeladen und lernen, wie die Afrikaner mit frisch gewaschenen Händen  das typische Essen zu sich nehmen. Es gibt Maisbrei, Blättergemüse und Obst aus dem Schulgarten und Hähnchenfleisch. Die anfängliche Scheu vor der neuen Art zu essen verfliegt bald. Es geht auch ohne Besteck.

Kurze Zeit später treffen wir in einer Schule in Chimoio/Mucessua ein, deren neuer Schulleiter Antonio Chicote ein ehemaliger Kollege und späterer stellvertretender Schulleiter unserer Partnerschule „Escola Secundária de Bengo Uli Seibert“ ist. Auch Chicote hofft auf finanzielle Hilfe aus Deutschland. In Eigeninitiative der Elternschaft wurde mit einer spontanen Spende der Hungener Schüler-Delegation vom letzten Jahr der Bau eines  Klassenraumes begonnen.

Auch hier werden wir zu einem gemeinsamen typisch afrikanischen Mittagessen eingeladen. Als Geschenk werden uns Zuckerrohr-Stangen, 2 große Kürbisse und 2 lebende  Friedenstauben überreicht. Von uns bekommt die Schule auch ein paar Gastgeschenke, über die sich alle sehr freuen. Schulleiter Chicote ist leider nicht anwesend. Er ist seit einigen Tagen an Malaria erkrankt.

 

Die großen Kürbisse schenken wir am nächsten Tag der Pflegemutter Beatrice und die zwei jungen Tauben befreien wir aus dem Karton und stellen sie auf die Außenmauer des Hotels, mit einem Aschenbecher voll Wasser und ein paar Brotkrümeln. Der Nachtwächter verspricht, nachts auf sie aufzupassen. Am nächsten Tag finden wir sie im Baum und später sind sie ganz verschwunden.

 

Der nächste Schulbesuch gilt am folgenden Tag unserer Partnerschule „Escola Secundária de Bengo Uli Seibert", die nach unserer ehemaligen Schulsprecherin Uli Seibert benannt wurde. Sie hatte sich in ihrer Schulzeit  an der Gesamtschule sehr für die Schulpartnerschaft mit Mosambik engagiert und hatte sich vorgenommen, nach dem Abitur ein soziales Jahr in Mosambik zu verbringen.

Sie verstarb tragischerweise an den Folgen eines Motorradunfalls in der Nähe ihres Heimatortes am 6.07.1991. Ihr Name lebt weiter in der Schule von Bengo.

Seit vielen Jahren besucht eine Delegation der Gesamtschule Hungen jedes Jahr die Partnerschule. Bei dieser Gelegenheit schreiben Hungener Schüler(innen) Briefe auf Englisch an die Kinder der Uli-Seibert-Schule. Die Briefe werden bei dem Besuch verteilt und sofort beantwortet und eingesammelt. Nach den Sommerferien bekommen die Hungener die Antwort-Briefe und ein Foto des Absenders ausgehändigt. Im nächsten Jahr bekommen auch die mosambikanischen Absender Abzüge der Fotos.

 

Wie jedes Jahr werden wir herzlich mit Tänzen und Gesängen empfangen und begrüßt.

Nach dem Briefe-Schreiben versammeln sich die Schüler auf dem Sportplatz, wo gemischte Mannschaften mit den deutschen Schülern Volleyball bzw. Fußball spielen. Viele Schüler und Lehrer sind uns im Laufe der Jahre bereits bekannt und vertraut geworden.

Der Schulleiter Tendai Zeca Faife hat die Schule zum Anlass unseres Besuches mit dem Geld, das er im letzten Jahr von uns bekommen hatte, neu anstreichen lassen. Der Namenszug hat sich auch geändert. Aus der Primarschule wurde eine Sekundarschule, aber der Name „Uli Seibert“ ist geblieben.

 

Nun steht uns noch der wichtige Tag der Einweihungsfeier bevor. Ein bedeutender Besuch ist angesagt. Der Gouverneur der Provinz Manica,  seine Exzellenz Senhor Mondlane, wird die mit unseren Geldern erweiterte und renovierte Sekundarschule Josina Machel in Gondola einweihen. In den letzten Tagen sind noch sehr viele kleine Nachbesserungen vorgenommen worden. Bis zur letzten Minute sind Handwerker im Schulgelände noch beschäftigt.

Bei einem Schnelldurchgang durch die neuen Fachräume für Informatik, Naturwissenschaften und der Bibliothek zeigen die Schüler dem Gast an exemplarischen Beispielen, was und wie sie dort neuerdings lernen können.

Auf dem Schulhof folgen viele Dankesreden in Anwesenheit der Schüler,  Lehrer und Vertreter der Stadt Gondola und der Provinzregierung. Zum Schluss wird eine besonders dekorierte Torte gemeinsam angeschnitten und bei einem Glas Sekt verspeist. Der Gouverneur ist schon lange wieder unterwegs und die afrikanische Sonne verschwindet bereits hinter den Bergen, als wir zurück ins Hotel Dhabad fahren.

 

Nach einem Dreistundenschlaf  ziehen wir mit unserem Handgepäck zur Bushaltestelle, wo der Bus mit unserem Gepäck bereits auf uns wartet. Er bringt uns  auf einer sechsstündigen Fahrt an die Küste, wo wir in Inhassoro und später in Tofo die vielen Eindrücke verarbeiten  und uns von den Anstrengungen erholen können.

In Maputo finden wir auf dem Kunst-Markt viele Kunstgegenstände, die wir auf unserem nächsten Weihnachtsbasar am 1. Dezember in der Hungener Gesamtschule verkaufen werden, um mit dem Erlös weitere Projekte in Mosambik verwirklichen zu können.

 

                                                                                                                                                Dorothea Fobbe  08.08.2018